Als meine Mutter am 12.09.1939 geboren wurde, herrschte seit 12 Tagen Krieg. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. In den Anfangsjahren war es noch nicht so stark spürbar und somit hatte meine Mutter ein paar Jahre lang eine relativ, friedliche Kindheit auf dem Lande.

Die Mutter und der Vater bestellten die Felder, versorgten das Vieh und das Haus musste auch in Schuß gehalten werden. Und wenn der Vater mal Zeit hatte, spielte er fangen mit den Kindern. Dabei kam es nicht selten dazu, dass jemand vom Tisch fiel, oder aus dem Fenster plumpste… Man gut, dass das Bauernhaus ebenerdig war.

Doch mit den Jahren wurden die Ängste und Nöte immer größer. Der Vater wurde eingezogen und ließ die Mutter mit dem Hof und den Kindern zurück. Harte Zeiten brachen an, bis letztendlich die ersten russischen Truppen Einzug in die Dörfer hielt. 

Die Angst vor dem fremden Militär war riesig und die Geschichten die ihnen Voraus eilten brutal. Trotz allem hatten meine Mutter und ihre Familie das große Glück, dass die Besatzer relativ freundlich mit ihnen umgingen. 

Das Sudetenland 

Der ein oder andere wird ahnen, was nun folgt. Meine Familie stammt aus dem Sudetenland. Und das wurde nun von den Besatzern beansprucht. Das Militär ließ meiner Großmutter nur 2 Stunden Zeit zum packen, ganzer 2 Koffer, für die ganze Familie. Natürlich unter Aufsicht! Bevor man sie ihres Hauses, ihres Hofes und ihres Landes vertrieben wurde. 2 Koffer standen der Familie zur Verfügung! 2 Koffer!

Die Oma packte eine handgeschnitzte Uhr ihres Vaters in einen der Koffer. Das wollte einer der Soldaten verhindern und es kam zu einem kurzen Handgemenge. Letztendlich ließ er meine Oma gewähren und die Uhr kam mit.

Die Oma weinte bittere Tränen, während die Kinder wie gelähmt an ihrem Rockzipfel hingen. Meine Mutter war zu dem Zeitpunkt 7 Jahre alt und musste ihr geliebtes Püppchen zurück lassen.

Die Oma weinte stumm um ihr geliebtes Vieh, ihr Haus und ihr Leben. Sie weinte um ihre Minka, dass kleine Kätzchen, dass sich Abends gern an sie kuschelte und auch um Benno, dem treuen Hund, der Hof und Familie immer tapfer beschützt hatte… Alles musste sie zurück lassen. Enteignet, vertrieben. Nur das nackte Leben, die Kinder an der Hand und 2 Koffer.

Unterwegs im Viehwagon

Ich möchte gar nicht weiter ausschmücken, was im Laufe der folgenden Monate und Jahre auf meine Großmutter und ihre Kinder zu kam. Der Vater an der Front und die Mutter mit den Kindern auf sich allein gestellt. Angekommen sind sie dann in Bayern.

Es war nie leicht und es hat viel kaputt gemacht. In der Familie und an den Menschen. Es gab nur selten freundliche und gütige Menschen, die die eigenen Landsleute als die Ihren und nicht die Fremden ansahen. Diese Heimatvertriebenen waren entwurzelt worden.

Vertriebene, Flüchtlinge—> Menschen

Die Vertriebenen hatten, ganz klar, keine Möglichkeit dort zu bleiben, wo sie beheimatet waren. Sie wurden vor die Tür gesetzt. Die heutigen Flüchtlinge sehen in ihrer momentanen Lage keinen Ausweg mehr, als alles hinter sich zu lassen, was für sie Heimat war. Es wird ihnen das Leben dort so schwer gemacht, dass sie keine andere Möglichkeit mehr sehen, als zu fliehen. Dabei sind das nicht alles „nur“ einfache, ungebildete Menschen. Sie kommen teilweise aus besseren Verhältnissen als ich. Sie waren vorher Mediziner, Bankangestellte oder Lehrer.

Gestrandet in einem fremden Land

Doch durch die Flucht und die nicht Anerkennung ihrer Titel und Ausbildungen, werden sie in Deutschland quasi Ihrer Fähigkeiten beraubt und enden häufig, als Putzfrau oder 400€ Jobber, wenn erstmal eine Arbeitserlaubnis erteilt wurde. Die meisten Konsulate in den Herkunftsländern geben sich meist große Mühe. Auch das deutsche Konsulat. Aber es sind einfach zu viele bürokratische Hürden zu nehmen. Allein der Weg, aus der Heimat in das ferne Europa ist physisch, sowie psychisch ein Gewaltakt. Hier angekommen schwinden plötzlich die Perspektiven. Das macht unzufrieden, unglücklich und man bekommt das Gefühl von Machtlosigkeit zu spüren.

Eigene Eindrücke

Ich persönlich habe mich nie so verbunden mit Deutschland gefühlt, wie mein Ex-Mann sich z.B. mit seiner Heimat, dem Kosovo. Woran das liegt, kann ich gar nicht sagen. Aber uns wurde ja seit der frühen Kindheit eingeprägt, dass Nationalstolz, gleichbedeutend mit Narzissmus zu setzen ist. Und da ich ein leben lang immer nur „angepasst“ gelebt habe, war bei mir die Heimatverbundenheit nie wirklich da. Im Gegenteil, man musste sich fast schämen, Deutsche zu sein.

Heimat ist da, wo das Herz wohnt

Und es kann so einfach sein, einem Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl zu geben. Frei nach meinem Motto: Schenke der Welt ein Lächeln und die Welt lächelt zurück!

Ich bin immer wieder angenehm überrascht, wie gut das in unserer heutigen Gesellschaft klappt! Wie viele fremde Menschen zurück lächeln, weil sie sich wahrgenommen fühlen. Manche reagieren zuerst verdutzt, können sich dann aber doch ein Lächeln, manchmal sogar ein Kopfnicken abringen. Das erfreut mich mit Freude. Umso schöner, wenn man versteht, dass das Lächeln international verstanden wird!

Unvoreingenommene Kinder

Viele dieser Flüchtlingskinder sind immer noch voller Hoffnung auf ein besseres, friedlicheres Leben. Lasst uns ein Teil ihres Glücks werden und leiten. Der natürliche Spieltrieb ist hierbei sehr wichtig und in unserem Fall, der Einstieg zur Integration. Denn ein wahrgenommenes Kind, wird sich schneller und leichter in eine Gesellschaft einfügen können und deren Regeln und Gebräuche schneller lernen. Und in dem Fall, wird der Schüler zum Lehrer, indem sie ihre Eltern von der Thematik „gelungene Integration“ überzeugen können.

AMIGO setzt ein Zeichen

Dank der Firma AMIGO haben wir an unserer Grundschule die Möglichkeit, Flüchtlingskindern spielend unsere Welt zu erklären und ungezwungen Kontakt mit ihnen aufzunehmen.

Unsere Grundschule

Ein umfangreiches Spielepaket erreichte unsere Grundschule. Denn die Firma AMIGO bot im Juni, gemeinnützigen Vereinen und Schulen die Möglichkeit an sich auf die Spielepakete zu bewerben.

Als Vorsitzende des Fördervereins habe ich mich beworben und konnte so der Grundschulbibliothek das Spielepaket überreichen. Damit auch in den nächsten Jahren für Spielspaß gesorgt ist. Spieleanleitungen in Englisch und Arabisch, laden auch Verwandte und Freunde zum mitspielen in der Schule ein. Auch wenn wir nur eine kleine Gemeinde sind, so fühlen wir uns doch bereichert an unseren neuen Mitschülern.

Wir bedanken uns bei der Firma AMIGO für die großzügige Unterstützung des Projektes gelungene Integration!

Eure,

Claudia D.

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